Frederick sein!

Kennst du Frederick?

Vielleicht hast du als Kind selbst das Bilderbuch von Leo Lionni gehabt und kannst dich an die Ge­schichte erinnern: In einer alten Steinmauer auf einem verlassenen Bauernhof lebt die Feldmaus Fre­­de­rick mit ihrer Familie. Als es auf den Winter zugeht, sammeln die Feldmäuse ge­­mein­sam Vorräte. Alle, außer Fre­de­rick.

Der sitzt scheinbar untätig herum. Als die anderen Mäuse ihn fragen, warum er nicht mithilft, ant­wortet er, dass er für die kalten, grauen und langen Winter­tage Sonnenstrahlen, Farben und Wör­ter sammelt. Den Winter über leben die Feldmäuse nun von den gesammelten Vorräten, doch diese gehen langsam zuneige. Jetzt fragt die Mäusefamilie Frede­rick nach seinen Vorräten. Und Fre­de­rick teilt mit ihnen die gesammelten Sonnenstrahlen, um sie zu wärmen. Er teilt die Farben, um den Winter weniger grau erscheinen zu lassen und Hoffnung auf den Frühling zu machen. Und er teilt Wörter in einem schönen Gedicht.

Für das tägliche Leben und Überleben brauchen wir nicht nur die Vorräte und die Nahrung für un­se­ren Körper, auch unser Herz, unsere Seele brauchen Nahrung. Das gilt umso mehr für Krisen­zeiten, die sich wie ein langer, grauer Winter hinziehen. Im Moment spüren wir besonders stark, wie sehr unseren Herzen die personale Nähe von lieben Menschen, die Begegnungen und das Mit­ein­ander fehlen.

So wie wir in diesen Zeiten Menschen brauchen, die an vielen Stellen das Leben am Laufen halten, brau­chen wir auch „Fredericks“: Menschen, die mit uns Sonnenstrahlen und Farben der Hoffnung teilen. Die uns mit ihrem Dasein und ihren Worten Mut machen. Die bei aller Ungewissheit zuver­sicht­­lich bleiben und Schritt für Schritt mit uns ins Morgen gehen.

Vielleicht wachen in diesen Zeiten – nicht nur in den Kirchen – noch mehr Menschen auf und er­ken­nen, dass genau das das Gebot der Stunde ist: Da sein. Solidarisch sein. Wärmende Sonnenstrahlen, Farben der Hoffnung und Worte der Ermutigung teilen.

Die Bibel ist voll von solchen Strahlen, Farben und Worten. Über Jahrtausende sind ihre Texte Men­schen zur Hoffnungsnahrung für Herz und Seele geworden. Immer wieder haben Menschen gespürt, dass sie nicht allein sind und Menschen vor ihnen ähnliche Situationen erlebt, durchlebt und über­wun­den haben.

Wenn unsere seelischen Vorräte gut gefüllt sind, können wir auch die Krise durchhalten und auf den Neu­anfang hoffen – so wie wir nach einem langen Winter auf den nächsten Frühling hoffen. Und dann können wir selbst vielleicht – nein: hoffentlich –  auch für andere Frederick sein!

Eine schöne Woche wünscht euch und Ihnen
Tobias Beckervordersandforth für das Andachtsteam