ESbloG-Experten-Interview zum Thema Corona

Neben den Beiträgen aus euren Klassenzimmern, die ihr und liefert, ist die Blog-Redaktion natürlich immer auf der Suche nach Personen und Geschichten, die euch SchülerInnen interessieren. Momentan bestimmt Corona unser aller Leben. Der Lochdown-Light hat noch nicht die erhofften Erfolge gebracht und es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung in den nächsten Tagen reagiert. Zudem gibt es nun einen Hoffnungsschimmer: Ein Impfstoff ist gefunden – und damit die Diskussion um den Zugang zu diesem „Gegenmittel“. Einige Blogger haben sich mal fachkundigen Rat geholt und mit einer Ärztin gesprochen, die lange an der Berliner Charité gearbeitet hat. Dr. med. Imke Decius ist nun in einer Hausarztpraxis tätig und hat bereitwillig Auskunft gegeben. Unbedingt lesenswert:

Interview mit Frau Dr. Decius

1. Was haben Sie in ihrer Praxis mit Corona zu tun?

Wir führen Corona Tests bei Kindern und Erwachsenen durch die Corona Symptome haben oder Corona- Kontakte hatten. Und wir behandeln Patienten die Wochen nach einer Infektion noch Beschwerden haben. Dies sind zum Glück nur sehr wenige.

2. Inwiefern hat sich ihre Arbeit durch Corona verändert?

Viele Patienten sind verunsicherter und wir müssen natürlich alle Masken tragen. Corona- Tests müssen draußen und in Schutzkleidung gemacht werden, das ist schon recht aufwendig.

3. Wie wird es in der Zukunft mit Corona weitergehen?

Es bleibt zu hoffen, dass wir die jetzt hohen Coronazahlen in den Griff bekommen, und dann die Regeln wieder gelockert werden können. Wenn der Impfstoff kommt, wird es immer noch dauern bis zur Normalität, da nicht alle auf einen Schlag geimpft werden können. Wir werden noch länger damit zu tun haben. Aber keine Panik!

4. Was halten sie von den Aussagen der Politik zum Thema Corona?

Im Vergleich mit anderen Ländern ist es bisher „gut gelaufen“. Bei den aktuell so hohen Zahlen bleibt jedoch kaum etwas anderes übrig, als diese strengen Regeln vorzuschreiben. Einige Sachen waren nicht perfekt, z.B. der Lockdown im ganzen Kreis Gütersloh, dass Kinderspielplätze geschlossen waren oder die Schulen zu zögerlich geöffnet wurden. Ich hätte mir gewünscht, dass sich alle Menschen von allein an die Regeln halten, damit hätten wir dann auf lange Sicht auch mehr Freiheiten.

5. Was müsste Ihrer Meinung nach getan werden, um wieder in den normalen Alltag zurückzukehren?

Erstmal müssen die Zahlen runter. Wenn die Zahlen kontrollierbar sind, können wir ein Stück weit wie im Sommer leben, sollten aber weiterhin wachsam sein. Wir müssen auf lange Sicht gelassener mit dem Virus umgehen bzw. lernen damit umzugehen.

6. Welche Personengruppe sollte Ihrer Meinung nach als erstes geimpft werden, wenn der Impfstoff erschienen ist?

Zunächst Personen, die beruflich bedingt mit vielen Menschen zu tun haben, sicherlich Personal im Gesundheitswesen, dann aber auch z.B. LehrerInnen und ErzieherInnen, sofern sie das wünschen. Die Impfung bleibt ja freiwillig! Die sogenannten Risikogruppen, also Alte und Kranke, sollten dann auch geschützt werden. Es gibt aber auch Vorschläge, dass eher jüngere, die das Virus besonders verbreiten, geimpft werden sollen. Das ist noch nicht klar.

 7. Was halten Sie von den bisher aufgestellten Corona Regeln?

Die Kontaktbeschränkung ist am sinnvollsten, auch wenn sie vielleicht am schwersten für uns alle ist. Mit Vorsicht, einem guten Konzept und mit kleinen Teilnehmerzahlen wären auch Veranstaltungen meiner Meinung nach möglich, wenn die Infektionszahlen insgesamt wieder unter Kontrolle sind. Im Sommer wurden vor allem Feiern mit viel zu vielen Leuten erlaubt, das konnte meines Erachtens nach nicht gutgehen, auch wenn die Corona-Zahlen zu dieser Zeit niedrig waren.

8. Was für einen Eindruck haben Sie von dem Umgang der anderen Menschen mit dem Virus?

Die meisten Leute verstehen es und machen daher gut mit, aber für viele ist es sehr anstrengend und belastend. Manches wurde nicht genug besprochen, z.B. das Alleinsein der Menschen im Altersheim, die ihre Enkel nicht mehr sehen konnten, oder dass Kinder die Möglichkeit haben müssen, andere Kinder zu treffen, wenn auch nur wenige.

9. In den Medien wird immer wieder von Demos gegen die Corona Regeln berichtet. Was halten Sie persönlich davon?

Ich bin zunächst einmal sehr froh, in einem Land zu leben, in dem jeder seine Meinung frei äußern darf. Das ist gar nicht so selbstverständlich, wenn man die ganze Welt betrachtet und total wichtig. Unverständlich und schlimm ist, dass Querdenker und Extremisten die Ängste und Sorgen der Menschen missbrauchen und gefährliche Unwahrheiten verbreiten. Aber ich habe Verständnis für die Menschen, die Sorgen haben und diese sollten auch gehört werden.

10. Was glauben Sie, an welchem Ort infizieren sich die Menschen am ehesten mit dem Coronavirus?

Bei privaten Kontakten zusammen mit Leuten. Und es müssen dafür nicht mal unbedingt sehr viele Menschen zusammen sein. Aber Feiern mit vielen Menschen sind noch schwieriger, da man dann ausgelassener beisammen ist und weniger Abstand hält (z.B. beim Party-machen, Tanzen, Mitsingen). Im Frühjahr waren es Ansteckungen vor allem bei den Ski-Touristen, dann lokal in einigen Firmen und in Pflegeheimen, da die Schutzmöglichkeiten und Erfahrungen noch nicht ausreichend waren. Aktuell kann man sich leider theoretisch überall anstecken, wenn man zu nah mit Menschen zusammen ist, was es so besonders schwierig für uns macht.

11. Wie hat sich der Umgang mit dem Virus über die Wochen verändert?

Am Anfang gab es so etwas wie eine „Schockstarre“, die wohl fast alle getroffen hat. Im Sommer war es entspannt, vielleicht haben wir es da auch etwas zu gelassen gesehen. Das ist aber auch total menschlich, dass man froh ist einmal „durchzuatmen“ und sich weitgehend normal mit Menschen umgeben möchte. Das macht uns schließlich aus. Jetzt im Herbst gibt es wieder mehr bedachte Leute und natürlich die Sorge, dass die Krankenversorgung weiterhin gut klappt.

12. Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihren Patienten bisher gemacht?

Manche Patienten haben keine Beschwerden mit Corona, andere stärkere, wie hohes Fieber und große Erschöpfung und Husten. Manche Corona Patienten haben nur Halsweh oder Schnupfen, nur wenige müssen ins Krankenhaus (vor allem jüngere nur selten), andere haben Geschmacksstörungen, das ist ziemlich typisch, muss es aber nicht sein. Das macht es ja so schwierig- es sind oftmals Beschwerden wie bei Erkältungen, die wir schon immer kennen.

13. Was kann jeder Einzelne, also auch wir als Schüler, beitragen, damit ein einigermaßen guter Weg durch diese Krise gegangen werden kann?

Ich finde es erstmal gut, dass ihr dieses Interview gemacht habt. Man merkt, dass ihr mitreden wollt. Bei einem Infekt, vielleicht einer Erkältung, ist es wichtig, dass ihr in diesem Herbst und Winter wirklich zu Hause bleibt und erst wieder Freunde trefft, wenn ihr Euch ganz gesund fühlt.

Ganz wichtig ist, dass ihr versucht positiv zu bleiben und das Immunsystem stärkt, das sollten auch eure Eltern und Großeltern tun – z.B. Bewegung und Sport an der frischen Luft, gesund essen, lachen, Stress vermeiden. Macht euch nicht verrückt wegen des Virus, aber nehmt weiter Rücksicht, das müssen wir alle noch lange tun. Und ganz wichtig: Redet über Eure Sorgen, denn das nimmt Sorgen!

Herzlichen Dank, dass Sie uns unsere Fragen so umfassend beantwortet haben.

4 Gedanken zu „ESbloG-Experten-Interview zum Thema Corona“

    1. Danke, Hanna! Ja, fachkundiger Rat ist das, was man jetzt braucht. Und die Art und Weise, wie die Ärztin mit den Bloggern über das Thema gesprochen hat, ist wirklich sehr schön! Lieben Gruß!

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