Der-Tag-Des: Der 8. Mai – kein Tag zum Feiern, aber ein Tag der Befreiung

So hat es der ehemalige Bundespräsident Richard Weizsäcker (1920-2015) in seiner meilensteinartigen Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes ausgedrückt – ein Ereignis, an das wir euch heute in der Rubrik „Der-Tag-des“ erinnern möchten.

Am 8. Mai 1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht bedingungslos und der Zweite Weltkrieg in Europa endete. Geschätzt 55 Millionen Menschen kostete er das Leben (das ist mehr als die heutige Einwohnerzahl Spaniens). Sie sind gefallen an der Front, ermordet in den Konzentrationslagern, verbrannt in Bombennächten, gestorben an Hunger, Kälte und Gewalt auf der großen Flucht (vgl. hier).

Die Rede, die Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 im Bundestag gehalten hat, gilt als besonders richtungsweisend bezüglich einer adäquaten Form der Erinnerung und Aufarbeitung.

Lest hier einen Auszug aus der Rede:


„Der 8. Mai ist für uns vor allem ein Tag der Erinnerung an das, was Menschen erleiden mussten. Er ist zugleich ein Tag des Nachdenkens über den Gang unserer Geschichte. Je ehrlicher wir ihn begehen, desto freier sind wir, uns seinen Folgen verantwortlich zu stellen. 
Der 8. Mai ist für uns Deutsche kein Tag zum Feiern. Die Menschen, die ihn bewusst erlebt haben, denken an ganz persönliche und damit ganz unterschiedliche Erfahrungen zurück. Der eine kehrte heim, der andere wurde heimatlos. Dieser wurde befreit, für jenen begann die Gefangenschaft. Viele waren einfach nur dafür dankbar, dass Bombennächte und Angst vorüber und sie mit dem Leben davongekommen waren. Andere empfanden Schmerz über die vollständige Niederlage des eigenen Vaterlandes. Verbittert standen Deutsche vor zerrissenen Illusionen, dankbar waren andere Deutsche für den geschenkten neuen Anfang…
Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte. 
Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen. 
Wir haben wahrlich keinen Grund, uns am heutigen Tag an Siegesfesten zu beteiligen. Aber wir haben allen Grund, den 8. Mai 1945 als das Ende eines Irrweges deutscher Geschichte zu erkennen, das den Keim der Hoffnung auf eine bessere Zukunft barg.“ 


(Richard von Weizsäcker, Rede zum 8.Mai)

Auch nicht vorenthalten wollen wir wir euch in diesem Zusammenhang die folgende Nachricht, die wir gestern in der NW für euch #mitgelesen haben. Anne Frank wäre dieses Jahr 90 geworden, aber auch sie fiel den Nationalsozialisten zum Opfer. Ihre Tagebücher haben die schreckliche Zeit überlebt und gehören zur Liste des Weltdokumentenerbes.

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