Tag: 23. September 2019
Der-Tag-Des im September: Tag der Gebärdensprache
In Deutschland sind rund 15 Millionen Menschen hörgeschädigt und ca. 80.000 gehörlos. Bereits 20.000 Menschen benutzen die Gebärdensprache ohne selbst hörgeschädigt zu sein. Zum internationalen Tag der Gebärdensprache – heute am 23. September 2019 – haben wir Valentina Freidenberger eingeladen, die selbst hörgeschädigt ist und an der VHS in Gütersloh Gebärdensprache unterrichtet.
Sie hat uns gezeigt, wie man Blog sagt (aus dem Foto zeigen es Pia, Vanessa und Josefine) …
… und wie wir unseren Namen mit dem Fingeralphabet zeigen können. Außerdem hat sie sich viel Zeit genommen, alle Fragen zu beantworten
- Können Sie sich kurz vorstellen?
Mein Name ist Valentina Freidenberger, ich bin 37 Jahre alt, verheiratet und habe eine Tochter.
2. Wo haben sie Gebärdensprache gelernt?
Ich bin in Russland geboren und habe dort in der Schule und auch in meinem Familienkreis (meine beiden Cousins sind gehörlos) die russische Gebärdensprache gelernt.
3. Seit wann lehren Sie es?
Seit 2013
4. Was ist ihre Motivation die Gebärdensprache weiterzugeben?
Meine Motivation ist es, die schöne und natürliche Sprache weiterzugeben. Eine Brücke der Kommunikation zwischen Hörenden und Gehörlosen aufzubauen, um den Alltag der Hörbehinderten zu erleichtern, den hörenden Menschen ihre Angst zu nehmen und die Sprachbarriere abzubauen.
5. Was für Schwierigkeiten gibt es?
Für die Hörenden: Sich komplett auf das Visuelle einzustellen, da sie sehr gewohnt sind, alles akustisch wahrzunehmen, da wir Gehörlosen mit der visuellen Sprache am besten kommunizieren.
Die gesprochene Sprache wird von Stimmbändern, Zunge, Lippen usw. produziert und akustisch wahrgenommen. Die Gebärdensprache wird mit Händen, Armen, Oberkörper usw. im dreidimensionalem Raum (Gebärdenraum) produziert und visuell aufgenommen. Bei der Lautsprache müssen die Wörter nacheinander zu Sätzen geformt werden. In der Gebärdensprache können mehrere Informationen gleichzeitig in einem Gebärdenzeichen ausgedrückt werden. Im Unterschied zu der Lautsprache braucht man in der Gebärdensprache Blickkontakt, sonst bricht die Kommunikation ab.
Da die Gebärdensprache neben Mimik und Körperhaltung insbesondere Handzeichen beinhaltet, werden die Gebärden klar nach Handform, Handstellung, Ausführungsstelle und Bewegung strukturiert.
6. Wo gibt es größten Unterschiede?
Gebärdensprachen sind visuell-manuelle Sprachen, die natürlich entstanden sind. Sie bestehen neben Handzeichen aus Mimik, Blickrichtung, Kopf- und Oberkörperhaltung und Mundbewegungen. Sie verfügen über ein umfassendes Vokabular und eine eigenständige Grammatik, die grundlegend anderen Regeln folgt als die Grammatik gesprochener Sprachen. Gebärdensprachen sind ebenso komplex wie gesprochene Sprachen, auch wenn sie anders aufgebaut sind. Von der Sprachwissenschaft wurde die Gebärdensprache 2002 als eigenständige, vollwertige Sprache anerkannt. Man kann in allen Bereichen (Politik, Sport, Abstraktes) gebärden.
7. Gibt es regionale Unterschiede (Dialekte) in der Gebärdensprache?
Ja, genauso wie bei der Lautsprache. Genau wie man in Bayern anders spricht als in NRW so gebärdet man auch anders. Obwohl die Gehörlosen aus verschiedenen Regionen unterschiedliche Gebärden für mehrere Begriffe verwenden, haben sie fast nie Schwierigkeiten sich zu verständigen. Dies ist teilweise möglich, weil alle Gebärdenden in einer Region die gleichen Regeln der Grammatik der Gebärdensprache benutzen.
8. Wie macht man auf sich aufmerksam, wenn man ein Gespräch anfangen will?
Am besten versucht man es mit Augenkontakt oder mit Winken. Wenn das nicht funktioniert, dann zum Beispiel mit dem Fuß auf den Boden stampfen, da man dies spürt. Wenn man von hinten kommt, leicht antippen und nicht erschrecken. Sonst kann man auch einfach einmal das Licht an und wieder ausmachen.
9. Ist Gebärdensprache international?
Nein, jedes Land hat seine eigene Gebärdensprache, sie unterscheiden sich von Land zu Land und nochmal von Region zu Region.
Es gibt z.B. amerikanische, französische, schwedische oder chinesische Gebärdensprache. Im deutschen Sprachraum findet man die Deutsche Gebärdensprache (DGS), die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) wie auch die Deutschschweizer Gebärdensprache (DSGS)
Die Amerikanische Gebärdensprache (AGS) ist in Teilen von Afrika, Asien und Amerika verbreitet. Die Internationale Sign ist vor allem in Europa und auf politischer Ebene die meist verbreitete Sprache.
Aber die Gehörlosen können auf der ganzen Welt leichter kommunizieren, den Gebärdensprache ähnelt sich untereinander häufiger als Lautsprache.
10. Ist es schwer die Gebärdensprache zu lernen?
Die Gebärdensprache ist für Hörende am Anfang schwer zu erlernen, da vor allem das das visuelle und räumliche Denken in Anspruch genommen wird. Diese Art von Kommunikation muss geübt sein.
Jeder hat verschiedene Begabungen und Motivationen, so dass manche schneller das DGS lernen und manche langsamer. Bei diesem Spracherwerb ist der Lernprozess, wie bei jeder anderen Sprache auch, lang und benötigt viel Geduld und Ausdauer.
11. Wie verständigen Sie sich im Alltag?
Die Lautsprache von den Lippen ablesen, schriftlich per WhatsApp, SMS oder auf Papier schreiben. Für uns ist aber die Kommunikation in Gebärdensprache am besten geeignet für jeden Lebensbereich.
12. Wie zeigt man Eigennamen?
Die Namensgebärde der Person geht entweder nach dem Fingeralphabet oder es gibt eine bestimmte Namensgebärde. Diese richtet sich nach Aussehen, Nachnamen, Hobby, Spitzname oder besonderen Merkmalen. Während man die Namensgebärde macht, spricht man trotzdem denjenigen Namen.
Es war wirklich ein ganz informatives Gespräch und wir bedanken und recht herzlich bei Frau Freidenberger für ihre Zeit! Danke, danke, danke!!!
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