Die Polizei zu Besuch in einer Blog-Redaktionsitzung

Letzte Woche hatten wir im Blog Besuch von Frau Kirsten Bernstein-Rivers, Kriminaloberkommissarin von der Polizei Gütersloh. 

Frau Bernstein ist 39 Jahre alt, arbeitet schon seit 20 Jahren bei der Polizei und dort seit nun fast 5 Jahren tätig im Kommissariat für Gewaltprävention und Opferschutz, d.h. sie berät und betreut Opfer von Straftaten, vorrangig geht es dabei um häusliche Gewalt, Missbrauchsprävention und – vor diesem Hintergrund sind wir auf sie aufmerksam geworden – Gefahren im Netz.

Jetzt erwartet ihr hier bestimmt das übliche Frage-Antwort-Interview, aber da müssen wir euch enttäuschen.

Wie immer waren wir Blogger natürlich ausgestattet mit einer Menge Fragen (einem insgesamt 5 Themen und über 20 Fragen umfassenden Katalog) und haben während des Gesprächs – ja es war doch mehr ein informatives Gespräch, als ein klassisches Interview – gemerkt, dass einige Aspekte rund um das Thema „Gefahren im Netz“ total komplex und stark vom Einzelfall abhängig sind. 

Deshalb hier unsere Zusammenfassung dieses total interessanten einstündigen Gesprächs. 

Zunächst: Wie kommt man eigentlich zur Polizei? Heutzutage schließt sich an die Schulzeit ein Studium an der Fachhochschule an. Frau Bernstein hat nach dem Abitur (am Städtischen 🙂 ) eine Ausbildung bei der Polizei begonnen. Ihre Beweggründe bezeichnet sie als „nieder“, denn es war tatsächlich die Liebe zum Sport. Die „Testphasen“ im Beruf verliefen dann jedoch ganz gut und so ist sie (mit zwischenzeitlichem Abstecher in die Politikwissenschaft) bei der Polizei geblieben. Dort hat sie im Wachdienst gearbeitet, war als Radstreife unterwegs oder auch in der Veranstaltungsbetreuung. Nach einem Jahr Elternzeit war dann aber irgendwie auch beruflich Zeit für etwas Neues und so kam die Ausschreibung um die Stelle im KPO ganz richtig. Nach einem Auswahlverfahren hat Frau Bernstein dann auch die Stelle bekommen und arbeitet dort nun schon fast 5 Jahre. 

Einer unserer Fragenblöcke bezog sich natürlich auf das kürzlich wieder aktuell gewordene Thema der Beichtseiten auf Instagram (vielleicht habt ihr die Durchsage von Herrn Fugmann noch im Ohr, in der er dazu aufforderte, die Seite umgehend zu löschen, da die Schule sich sonst vorbehalte, Anzeige zu erstatten). Uns hat interessiert, ob das wirklich geht. Ja, so die Antwort, das geht. Ein solcher Fall werde dann „polizeilich geprüft und bearbeitet“. Dass die Beichtseiten immer mal wieder ins Visier der Polizei fallen, liege z.B. auch daran, dass in diesen Foren dann auch schon mal der Begriff „Amok“ gefallen sei und man dann natürlich sehr hellhörig werde. Der Weg, den Schüler oder Schülerin unserer Schule gewählt haben (also den Schulleiter zu informieren), findet Frau Bernstein sehr gut, denn es ist natürlich sehr schwer, diese Dinge untereinander zu lösen. Tipp der Polizistin an LehrerInnen: Totales Raushalten aus diesen Foren! (Übrigens: Es ist wohl auch zu positiver Unterstützung für Betroffene via Beichte gekommen – auch das kann es da geben!). Man kann übrigens nicht strafrechtlich belangt werden, wenn man solchen Seiten folgt. Am ehesten kann man den Admin, also den Betreuer einer solchen Seite ermitteln, ansonsten zeigen sich Instagram und Co. nicht gerade kooperativ in der Zusammenarbeit mit der Polizei – „die müssen nichts rausrücken, wenn sie nicht wollen“. Auch die sogenannten „Meldefunktionen“ wie bei TikTok funktionieren doch nur sehr zeitverzögert. Hier ist es für die Polizei wirklich wie ein bisschen wie der „Kampf gegen Windmühlen“. Strafmündig ist man in Deutschland übrigens mit 14 Jahren.

Dann wollten wir noch etwas wissen zum Thema Cybermobbing. Wir mussten uns in einer Gegenfrage nochmal selbst vergewissern, ob wir den Begriff Mobbing (der ja auch gern mal sehr schnell und inflationär für jegliche Ärgerei benutzt wird) eigentlich definieren können. Das hat ganz gut geklappt: 

  • Meist sind es mehrere Personen, die gegen eine Person hetzen
  • Das Prinzip: stark gegen schwach 
  • Die Anfeindungen passieren über einen längeren Zeitraum hinweg und dabei 
  • gibt ganz verschiedene Formen (Gewalttätigkeiten, Ausgrenzen …). 

Cybermobbing passiert (im Gegensatz zum „normalen Mobben“) eben im Netz – und damit kommen zwei Aspekte dazu: das Opfer kennt den/ die Täter nicht und die Angriffe können jederzeit stattfinden. 

Was kann die Schule, der Raum, in dem wir uns ja alle viele Stunden am Tag bewegen, dagegen tun, war unsere Frage? Frau Bernstein ist sich sicher, dass Schule die Vermittlung von Sozial- und Medienkompetenz einen wichtigen Beitrag dazu leistet, dass gewisse „Lebensspielregeln“ auch im Internet Beachtung finden (Lob an unsere Medienscouts – Frau Bernstein würde sehr gern mal an einzelnen Modulen teilnehmen)

Und Eltern, welche Verantwortung kommt ihnen zu? Es ist wichtig, so Frau Bernstein, dass man als Eltern nicht einfach nur das Smartphone anschafft, sondern den Umgang damit auch irgendwie reguliert. Das muss nicht mit so einer fragwürdigen App wie „familywatch“ geschehen, aber es muss ein begleitetes Benutzen stattfinden. 

*Ein interessanter Artike zum Weiterlesen hier.

Welche Tipps hält Frau Bernstein abschließende für uns (und euch) bereit? Nicht so viel preisgeben ist das oberste Gebot (man laufe ja auch nicht nackt durch die Straße, warum dann Nackt- bzw. nackig-Bilder ins Netz stellen?). Sie berichtet uns von einem Härtefall, bei dem eine junge Frau von ihrem Ex-Freund massiv mit einem mal verschickten Nacktfoto erpresst wurde – und das über Monate – bis ein neuer Lebenspartner darauf aufmerksam wurde, die Organisation „Weißer Ring“ einschaltete und dann polizeiliche Ermittlungen begannen. Und es ist ein Gerücht, dass so etwas nur „einfältigen oder naiven“ Menschen passiert – niemand ist davor gefeit. (mehr zu diesem Fall z.B. hier).

*Der „Weiße Ring“ ist übrigens ein Verein, der Opfern von Gewalt und Kriminalität hilft. Klick dich doch mal rein – hier:

Ob sie – durch ihre Arbeit und das, was sie dort erlebt – soziale Netzwerke verteufle, wollten wir noch wissen? Nein, das tue sie nicht, sie mag soziale Netzwerke. Sie ist bei Facebook und auch bei Instagram. Anfeindungen habe sie dort noch nie erlebt, wahrscheinlich, so die Polizistin selbst, weil ihr Profil auch nicht so interessant sei und ihre Follower sich in Grenzen halten – was auch gut sei, denn je mehr Follower, desto eher wird man natürlich auch mit blöden Kommentaren in Berührung kommen. 

Wir Blogger fanden das Gespräch wirklich super spannend. Frau Bernstein hat sich unglaublich viel Zeit genommen und wir sind uns sicher, dass sie als Persönlichkeit, mit der Art und Weise, wie sie das Thema mit uns angegangen ist, eine super Besetzung in den KPO-Team ist. (Dass wir bei unserer Recherche auf die gestoßen sind, liegt übrigens daran, dass Frau Bernstein regelmäßig Schulen besucht und dort informiert und berät). 

Wer weiß, vielleicht haben einige von euch jetzt auch etwas aus unserem Bericht mitgenommen – an Inhalten, Informationen oder sogar auch an Anlaufstellen, die man aufsuchen kann.