Es ist Dienstag – herzlich willkommen zur Andacht@Home

Heute möchte ich von zwei Freunden erzählen. Die Geschichte ihrer Freundschaft steht in der Bibel, im ersten Buch Samuel. Einige von euch kennen die Geschichte vielleicht schon. Das macht aber nichts. Eine gute Geschichte kann man immer wieder hören oder lesen.

Die Geschichte von David und Jonatan beginnt, als David an den Hof von König Saul kommt. Zuvor hat er mit dem Riesen Goliat gekämpft. Diese Geschichte kennt ihr bestimmt: Mit seiner Steinschleuder besiegt der kleine Schafhirte den großen Krieger und verjagt das Heer der Philister. Nach einer anderen Erzählung holt König Saul David zu sich, weil David Leier spielen kann. Eine Leier ist ein Musikinstrument. Darauf spielt David Saul vor, wenn Saul traurig ist. König Saul ist oft traurig.

Am Hof lernt David Jonatan kennen. Jonatan ist Sauls Sohn, ein Prinz also. Der Prinz und der Schafhirte schließen Freundschaft. Die Bibel erzählt: „Jonatan liebte David wie sein eigenes Leben und zog das Obergewand aus, das er trug, und gab es David, dazu seine Gewänder und sogar sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel.“ Die beiden tauschen ihre Kleider und ihre Waffen, weil sie so eng zusammen gehören, dass man den einen kaum noch vom anderen unterscheiden kann.

Wie alt David und Jonatan sind, steht nicht in der Bibel, aber offenbar sind sie einige Jahre älter, als ihr, liebe Schülerinnen und Schüler, schon erwachsen. Wenn ihr einen sehr guten Freund habt oder eine sehr gute Freundin, dann könnt ihr euch die beiden sicher trotzdem vorstellen: was sie einander zu erzählen haben, was sie gemeinsam unternehmen und was sie alles miteinander teilen – nicht nur die Kleidung, sondern auch ihre Interessen und ihre Geheimnisse, ihre Freuden und Leiden, Erfolge und Misserfolge. Einen so guten Freund oder eine so gute Freundin wünsche ich euch: einen, der sich mitfreut, wenn ihr euch freut; eine, die euch tröstet, wenn ihr es nötig habt – und umgekehrt. Gemeinsam seid ihr mutiger und stärker als allein. Gemeinsam findet ihr euch leichter zurecht. Gemeinsam sind wir alle besser dran, Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Die Freundschaft zwischen David und Jonatan wird auf eine schwere Probe gestellt. Das hängt damit zusammen, dass Jonatans Vater, der traurige Saul, neidisch auf David wird. Saul ist zwar der König in Israel, aber David hat bei allem, was er tut, mehr Erfolg und ist beliebter bei den Leuten als König Saul. Deshalb beschließt Saul, David töten zu lassen. Jonatan erfährt davon. Jetzt stellt sich heraus, was seine Freundschaft mit David wert ist.

Jonatan tut zunächst das Vernünftigste und Nächstliegende: Er versucht, seinen Vater von seinem bösen Plan abzubringen. Die Bibel erzählt: „Jonatan redete gut über David zu Saul und sagte zu ihm: Der König versündige sich nicht an seinem Diener David, denn er hat sich nicht an dir versündigt. Er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt und den Philister erschlagen. Du hast es gesehen und dich darüber gefreut. Warum willst du David ohne Grund töten?“

König Saul lässt sich von Jonatans Argumenten überzeugen. Leider nicht lange. Schon bald trachtet er David erneut nach dem Leben, und Jonatan muss sich entscheiden: zwischen seinem Vater und seinem Freund. Jonatan entscheidet sich für den Freund. Er verrät David, was Saul mit ihm vorhat, und sorgt dafür, dass David entkommen kann. Mit Jonatans Hilfe gelingt David die Flucht. Er verlässt den Hof, und ein Bürgerkrieg beginnt – zwischen Saul und seinen Soldaten auf der einen Seite, David und seinen Anhängern auf der anderen. David wird schließlich gewinnen und selber König in Israel. Aber das ist eine andere Geschichte. Unsere ist noch nicht ganz zu Ende.

David und Jonatan, erzählt die Bibel, begegnen sich noch einmal – in einem Ort in der Wüste. Dort versteckt sich David vor Saul. Jonatan sucht David und macht ihm Mut. „Fürchte dich nicht“, sagt Jonatan zu David, „denn die Hand Sauls, meines Vaters, wird dich nicht finden. Du wirst König werden über Israel, und ich werde der Zweite sein, nach dir. Und das weiß auch Saul, mein Vater.“ Die Bibel fährt fort: „Und die beiden schlossen vor Gott einen Bund. David blieb in Choresch; Jonatan aber zog wieder heim.“

Danach sehen sich David und Jonatan nicht wieder. Eine traurige Geschichte also? Das Ende ist tatsächlich traurig. Ausgerechnet ihre Freundschaft führt dazu, dass sich die Freunde trennen. Jonatan rettet David das Leben, indem er ihn fortschickt – fort von Saul, aber damit zugleich fort von sich selbst. Dennoch finde ich die Geschichte nicht nur traurig, sondern auch schön. David und Jonatan bleiben ja Freunde, sogar nach ihrer Trennung.

So dramatisch wie die Geschichte aus der Bibel verlaufen eure Freundschaften hoffentlich nicht. Aber die Hauptsache gilt auch für euch. David und Jonatan sind ein Beispiel dafür, worauf es in einer Freundschaft ankommt. Wenn der eine für den anderen da ist und die andere für die eine, ohne dass sie dabei zuerst an sich selbst denken, dann gewinnen sie beide.

Gott segne euch und eure Freundschaften!

Euer Martin Schewe