Let’s Talk Mental Health 04

Zeugnistag

„Ich hab‘ noch manches langes Jahr auf Schulbänken verlor‘n

Und lernte widerspruchslos vor mich hin

Namen, Tabellen, Theorien von hinten und von vorn,

Dass ich dabei nicht ganz verblödet bin!

Nur eine Lektion hat sich in den Jahr‘n herausgesiebt,

Die eine nur aus dem Haufen Ballast:

Wie gut es tut, zu wissen, dass dir jemand Zuflucht gibt,

Ganz gleich, was du auch ausgefressen hast!“

Reinhard Mey: Zeugnistag

Es vergeht kaum ein Zeugnistag, an dem mir nicht kurz der gleichnamige Song des Lieder­machers Reinhard Mey durch den Kopf geht.

Da geht es um einen zwölfjährigen Jungen, der die Dinge dermaßen hat schleifen lassen, dass er ein so schlechtes Zeugnis bekommt, dass er sich nicht traut, es seinen Eltern zu zeigen. In seiner Not fälscht er deren Unterschriften, doch der Schwindel fällt auf. Er wird zum Rektor zitiert und seine Eltern müssen in die Schule kommen. Doch die hauen ihn raus und geben vor, die gefälschten seien ihre wirklichen Unterschriften.

Dies ist eine Geschichte aus Zeiten, als Eltern, Lehrkräfte und Rektor:innen in der Regel noch sehr, sehr streng waren. Der Junge gibt zu, dass er ein „fauler Hund“ war und die Noten wohl ge­­rechtfertigt sind. Es geht in dem Lied nicht darum, den Tatbestand der Urkunden­fäl­schung zu rechtfertigen. Es geht dem Liedermacher darum, dass wir Menschen brauchen, die uns auf­fangen und uns Zu­flucht geben, wenn wir Miss­erfol­ge haben, gescheitert sind. Die uns wieder auf die Beine und den richtigen Weg helfen, wenn wir etwas verbockt haben.

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